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Rede zum Lehrkräftemangel in Niedersachsen (04.05.2023)
 

TOP 21: Rede zum Antrag der CDU-Fraktion: "Keine Kapitulation vor dem Lehrkräftemangel - Unterrichtsversorgung in Niedersachsen sicherstellen!"
- Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 19/1229
 

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Rede in Textform

Es gilt das gesprochene Wort

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste!  

Heute spreche ich vor Ihnen zu einem Thema, das uns alle betrifft und das uns als Gesellschaft in Niedersachsen weiterhin vor große Herausforderungen stellt: dem Mangel an Lehrkräften in unserem Bundesland. Das Thema ist kein neues Phänomen. Aber die aktuelle Situation ist alarmierend. Die Unterrichtsversorgung ist nicht immer und überall sichergestellt. Diese Situation führt dazu, dass unsere Kinder und Jugendlichen nicht die Bildung und Unterstützung erhalten, die sie verdienen und benötigen, um ihr volles Potenzial zu entfalten. 

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir uns immer für eine gerechte und inklusive Bildungspolitik eingesetzt. Wir stehen für Chancengleichheit und eine solide Grundlage für die Zukunft unserer Kinder und Jugendlichen. Daher kann ich Ihnen sagen: Wir sehen nicht tatenlos zu, wie der Lehrermangel sich weiter verschärft.  Sie stellen heute in diesem Papier viele Forderungen auf, jedoch meiner Wahrnehmung nach erneut ohne Fahrplan und ohne konstruktive Lösungsansätze. Wir als rot-grüne Koalition bringen konkrete Maßnahmen voran und haben das Ziel, weiterhin daran festzuhalten. Damit wird die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen langfristig spürbar gesichert.  Kurz bevor Herr Thiele gestern während der Beratungen zum Nachtragshaushalt anfing, über den Nachtragshaushalt aus dem November zu philosophieren, nahm er sich die Zeit, auch zur Frage des Mangels an Lehrkräften auszuführen. Ich hätte mir auch an dieser Stelle gewünscht, dass Sie einmal eine Idee vorstellen, wie denn eine gute Bezahlung für alle Lehrkräfte in Niedersachsen so schnell gelingen soll. Aber das ist dann wohl der Unterschied zwischen Opposition und Regierung in Niedersachsen. Sie reden, wir machen.  Daher ist es nicht verwunderlich, dass Ihr Antrag, zu dem ich heute spreche, viele Punkte außer Acht lässt. Denn der Lehrkräftemangel lässt sich nicht mit alten Rezepten lösen. Wir benötigen umfangreiche Lösungsansätze: langfristige Lösungsansätze, kurzfristige Lösungsansätze und vor allen Dingen grundsätzliche Lösungsansätze.  

Was meine ich damit?  „Grundsätzlich“ bedeutet, dass wir über die Rahmenbedingungen sprechen werden, die Lehrerinnen und Lehrer im Dienst des Landes Niedersachsen vorfinden. 

Die Frage von zeitlichen Entlastungen, Verwaltungsunterstützung und multiprofessionellen Teams ist zu erörtern. Daher bin ich der Landesregierung sehr dankbar, dass es Entlastungsstunden für Schulleitungen gibt. Darüber hinaus ist das Projekt der Verwaltungsassistenz gestartet, um genau die Frage von Unterstützung in der Schulverwaltung zu betrachten. Auch die Unterstützung aus dem Programm „Startklar“ wurde verlängert. Vor allem Studiendirektoren sollten, ehrlich gesagt, ihre Arbeitszeit nicht mit dem Erstellen von Excel-Tabellen verbringen. Da ist definitiv noch Potenzial.  Natürlich gehört ebenso die Bezahlung von Lehrkräften zu diesen Rahmenbedingungen - ein Thema, an dem im Ministerium und in den Regierungsfraktionen mit Hochdruck gearbeitet wird. Wenn Ihnen das nicht schnell genug geht, sollten Sie vielleicht bei Herrn Hilbers nachfragen, wie das noch mit den Hürden war und warum eine nachhaltige Finanzierung politischer Entscheidungen sinnvoll ist.  Auch wir als Fraktion haben Arbeitsgruppen gegründet, um diese Themen vorzubereiten und noch schneller anzupacken. Kommen wir zu den kurzfristigen Lösungsansätzen! 

Damit meine ich genau das, was in Ihrem vorliegenden Papier viel zu kurz kommt: ehrliche Lösungen für den Quereinstieg. Dazu gehören aus meiner Sicht insbesondere auch die Frage der Anerkennung von Lehrkräften aus dem Ausland, die Frage nach der Notwendigkeit einer Zwei-Fächer-Kombi-nation, die Frage nach dem Sprachniveau, die Möglichkeit, einzelne Scheine nachzuholen, die Möglichkeit, zwischen den Schulformen zu wechseln, die Möglichkeit, eine Weiterqualifizierung zur Sonderpädagogin oder zum Sonderpädagogen zu erreichen, und die Frage nach den Aufgaben von pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - alles Punkte, die in Ihrem Papier zu kurz kommen. Ich würde mich freuen, wenn Sie da bis zu den Beratungen im Ausschuss nacharbeiten würden.  

Mit „langfristigen Lösungsansätzen“ meine ich all die Lösungen, die das Lehramtsstudium betreffen.  Ich möchte diesen Punkt nutzen, um auf den Begriff „Langfristigkeit“ einzugehen. Wenn die Ministerin die Aussage tätigt, dass es an der einen oder anderen Stelle noch zehn Jahre dauern kann, bis es eine stabile Unterrichtsversorgung gibt, dann hängt das vor allen Dingen damit zusammen, dass ein Lehramtsstudium inklusive Referendariat nun einmal sieben Jahre dauert. 

Die CDU hat immer wieder die Aussage der Ministerin kritisiert. Ich finde das an dieser Stelle nicht ganz ehrlich. Wir werden dann aber auch über das Studium sprechen müssen. Wir werden über die zukünftige Ausrichtung des Referendariats sprechen müssen, über Möglichkeiten zur Steigerung der Attraktivität des Studiums, über alternative Studienzeitmodelle, über die Frage dualer Studiengänge, über frühzeitige Praxiserfahrungen und auch über den Inhalt des Studiums.  Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir sollten die drei von mir aufgeführten Bereiche nicht außer Acht lassen und das Thema im Ausschuss ganzheitlich betrachten und diskutieren, wenn der Antrag das auch nicht hergibt. Als Grundlage für die Diskussion - da können Sie sicher sein - werden auch wir Entschließungsanträge einbringen, die gehaltvoller sein werden.  Frau Bauseneick, Ihr Antrag lautet: „Keine Kapitulation vor dem Lehrkräftemangel – Unterrichtsversorgung in Niedersachsen sicherstellen“. Im geschichtlichen Gesamtzusammenhang finde ich es beeindruckend, dass hier am 4. Mai ein Antrag vorliegt, der den Begriff „Kapitulation“ enthält. „Kapitulation“ bedeutet Aufgeben. Ich kenne aus den von Stephan Weil geführten Landesregierungen nur engagierte Kultusministerinnen und Kultusminister, die sich alle zweifelsohne der großen Herausforderungen bewusst waren und sind, die vor uns liegen.  Alle hatten und haben stets das Ziel vor Augen, die Unterrichtsversorgung in Niedersachsen zu sichern. Auch wir Parlamentarier krempeln die Ärmel hoch, um auf dieses Ziel hinzuarbeiten.  

Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, sollten sich daher einmal an die eigene Nase fassen. Viele Themen, die heute noch nicht abschließend gelöst sind, hätten Sie bereits im letzten Jahrzehnt angehen können. Dann wären wir da weiter.  Nehmen Sie diesen kollegialen Hinweis gerne auf! Tragen Sie im Ausschuss zum konstruktiven Diskurs bei! Ich freue mich auf die Beratungen.  Vielen Dank.