Erfahrungsbericht Plenarwoche Februar 2025
Von: Yuri und Ole im Rahmen des Praktikums bei Brian Baatzsch
Wir haben das erste Mal, ein Plenum komplett beobachten können; unsere Eindrücke waren gemischt: vom Entsetzen über das Verhalten einzelner Abgeordneter/ganzer Fraktionen, bis hin zur Überraschung über die am Ende erstaunlich hohe Kompromissbereitschaft, zumindest bei den meisten Parteien. Interessant war auch zu sehen, wie wenig Abgeordnete am Ende die Reden aktiv verfolgt haben, sondern anderweitig beschäftigt waren.
Es gab einen Entschließungsantrag der rot-grünen Landesregierung, der sich mit der Förderung von Repaircafés befasst hat, womit wir erstmal nicht gerechnet hatten. Außerdem interessant war, dass, mal abgesehen von der AfD, das ganze Parlament hinter diesem Antrag stand. Das hätten wir von der CDU nicht erwartet, da Repaircafés und Nachhaltigkeit eher “grüne” Themen sind. Diese Geschlossenheit der “demokratischen Parteien” konnte man häufiger beobachten. Bei der AfD-Fraktion hingegen konnten wir eine zutiefst ideologische Debatte feststellen. Es war z.B. von “Staatsknete für links-grüne Vereine” die Rede. Wie in der Rede angekündigt, hat die AfD als einzige Fraktion den Antrag abgelehnt. Auch wenn der Entschließungsantrag, unserer Meinung nach erfreulicherweise, angenommen wurde, wird in naher Zukunft nichts geschehen, da es eben nur ein Entschließungsantrag ist. Im Antrag heißt es: “Der Landtag bittet die Landesregierung, {...}”. Es ist leider eben nur eine Bitte.
Der nächste für uns sehr interessanten Antrag war der Entschließungsantrag zu Schwangerschaftsabbrüchen von der SPD-Fraktion und der Fraktion-B'90/Die Grünen. Inhaltlich ging es um die ärztliche Versorgung der Frauen, insbesondere auf dem Land und die Empfehlung der Abschaffung des Paragrafen §218 an den Bund. Aus unserer Sicht hätten genau diese Dinge schon lange gelöst werden müssen, gerade die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Wir waren erstaunt, dass die Debatte der „demokratischen Parteien“ so gesittet verlief. Die CDU lehnte den Antrag ab, versäumte es aber, einen konstruktiven Gegenvorschlag zu unterbreiten. Die Rede der AfD hinterließ uns völlig fassungslos. Eingeleitet mit den Worten „liebe Überlebende“, was die Abgeordnete der AfD direkt zurücknehmen musste, wurde es nicht besser: „Zellhaufen im Anzug“, wofür sie einen Ordnungsruf erhielt, folgte als nächstes, auch der Rest der Rede, war sowohl den Abgeordneten der anderen Fraktion als auch allen anderen Menschen gegenüber, höchst beleidigend. Diese Umgangsweise, mit anderen Menschen, konnte man in fast allen Reden der AfD beobachten. Wir waren entsetzt, dass so ein Verhalten im Landtag geduldet werden muss.
Das Thema Obdach- und Wohnungslosigkeit bleibt im aktuellen, von Abschiebe-Scheindebatten geprägten politischen Diskurs meist völlig im Schatten. Im ersten Artikel des Grundgesetzes ist verankert, dass die Würde des Menschen halt unantastbar ist. Aber ein Leben auf der Straße ist alles andere als würdig. Daher finden wir es schade, dass dieses Thema von der Politik nicht ernst genug genommen wird. Deshalb haben wir den Entschließungsantrag von Rot-Grün sehr begrüßt. Allerdings bleibt es vorerst wieder nur bei Bitten.
Die Plenarwoche hat uns eindrucksvoll gezeigt, wie die Parteien im Landtag agieren und welche Dynamiken die politische Debatte prägen. Besonders auffällig war die klare Spaltung zwischen den "demokratischen Parteien" und der AfD, die durch ideologisch gefärbte und oft respektlose Reden auffiel. Die AfD-Reden, die teils beleidigend und herabwürdigend waren, sorgten immer für großen Aufruhr im Plenum. Die Tatsache, dass solches Verhalten (der AfD) im Landtag toleriert wird, hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack.
Die wiederholte Feststellung, dass viele Anträge, trotz breiter Unterstützung im Parlament, nur Bitten an die Landesregierung darstellen, sind eine bittere Feststellung. Diese Anträge sind zwar ein wichtiges politisches Signal, doch fehlt ihnen die nötige rechtliche Verbindlichkeit, um echte Veränderungen herbeizuführen.
Insgesamt bleibt festzuhalten, dass die politische Arbeit im Landtag von einer interessanten Mischung aus Kompromissbereitschaft und ideologischer Verhärtung geprägt war. Die Themen, die uns als Gesellschaft sehr betreffen, wie z.B. Obdachlosigkeit oder die Entkriminalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen, werden zwar diskutiert, doch die Frage bleibt, wie weit die Politik tatsächlich bereit ist, in diesen Bereichen tiefgreifend zu handeln und uns nicht nur mit geringfügigen Vorschlägen auf später zu vertrösten.